Was der Winter bringt

Bevor es losgeht: das Geburtstagskind dieses Mal ist mein liebes Väterchen!

Ich grüße dich hier ganz herzlich von dem Platz vor dem Dom, auf dem seit einigen Wochen ein riesiger und wie man sieht mit Lichtern geradezu überladener Weihnachtsbaum steht (man munkelt, es seien mehr Glühbirnchen als Tannennadeln) und wünsche dir alles alles Gute!

Also ihr Lieben,

ich hoffe, euch gehts gut und ihr haltet euch tapfer, auch wenn gerade mal wieder alles zu eskalieren scheint. Ich fühle mich ein bisschen schlecht, zu schreiben, dass es heute endlich mal wieder mehr zu erzählen gibt. Kaum bin ich aus dem Lockdown heraus, steht er vielen von euch bevor, aber auch das wird vorbeigehen und der Lockdown an sich ist vielleicht nicht ganz so schlimm, wie man ihn sich vorstellt. Wenn ihr Survival-Tipps haben wollt, würde ich sagen:

1. Yoga machen. Oder irgendwas anderes Physisches.

2. Spazieren gehen.

3. Telefonieren. So viel ihr könnt.

4. Neue Sachen machen. Verrückte Rezepte kochen, stricken lernen (klar kommt das von mir, was erwartet ihr auch ;) oder spannende Bücher zu spannenden Themen lesen.

 

Allerdings muss ich euch warnen: so ein Lockdown könnte prägende und persönlichkeitsverändernde Wirkungen auf euch haben, denn, ob ihr es glaubt oder nicht, ich habe angefangen, laufen zu gehen!!?

Ich weiß, TOTAL verrückt, aber naja die Schwimmbäder sind zu und ich wurde langsam wahnsinnig, deshalb dachte ich.. ich versuchs mal. Ich schreibe das hier auch nur deshalb, damit ihr mich ab und zu fragt "Na Paula, wie läufts denn mit dem Joggen? Machst du das immer noch fleißig jeden zweiten Tag?" und ich eine externe Motivation habe, weiter zu machen.

Das ist eine weitere Motivation: bevor ich mit dem Laufen angefangen habe, war mir das gar nicht so klar, aber am Stadtrand zu leben hat auch Vorteile! Es gibt mehrere Parks, die ich in weniger als zehn Minuten erreichen kann, was in der zwar sehr schönen, aber doch sehr steinernen Innenstadt definitiv nicht der Fall wäre.

Die beiden letzten Fotos sind von gestern Morgen. Es gab zum ersten Mal Frost und glatte Straßen! Jetzt ist das Wintergefühl auch richtig in meinem Herzen angekommen.

Tatsächlich ist in den letzten Tagen und Wochen (für aktuelle Verhältnisse) wahnsinnig viel passiert, wofür ich sehr dankbar bin, weil mir langsam doch die Decke auf den Kopf gefallen ist...

Zunächst einmal sind wir wieder in die Innenstadt gefahren und konnten zum ersten Mal das winterlich geschmückte Florenz in uns aufnehmen.

Was für eine wahnsinnige Energieverschwendung die tagsüber brennenden Glühlämpchen sind, darüber schreibe ich jetzt lieber nicht.. Aber es war einfach toll, wieder die vielen bunten Eindrücke zu genießen und sich mit jeder kitschigen Tannenbaumkugel und jedem gruseligen Weihnachtsmann im Schaufenster ein bisschen adventlicher zu fühlen.

 

Nach ausgiebigen Spaziergängen auf beiden Flussseiten konnten wir auch unsere Weihnachtseinkäufe erledigen, witzige Fotos machen (nein, keine Touri-Fotos, wir sind ja ganz seriöse Mitglieder der florentinischen Gesellschaft) und das mitunter sehr schöne "Winterwetter" genießen.


Außerdem habe ich einen kulinarisch interkulturellen Austausch mit einem Erasmus-Freund und einer lieben italienischen Freundin begonnen. Soll heißen, ich habe von ihr gelernt, wie man echte italienische Pasta gemacht...

...und ein Wochenende später haben wir ihr die deutsche Tradition des Plätzchenbackens nahe gebracht. Vier verschiedene Sorten an zwei Nachmittagen - ich bin sehr zufrieden mit uns.

Und ansonsten gebe ich mir einfach große Mühe, meinen Alltag so ereignis- und abwechslungsreich wie möglich zu gestalten. Neue Dinge lernen, ausprobieren, Spieleabende, Weihnachtsfilme, eben im Rahmen der aktuellen Möglichkeiten. Ich telefoniere mit anderen Freiwilligen in Italien oder anderswo, die alleine in einem winzigen Dorf ohne soziale Anbindung festsitzen, wochenlang in absolute soziale Isolation mussten oder schon wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind und merke, wie gut es mir hier trotz allem geht.

 

Klar ist dieses Jahr, diese Umstände, dieser Winter nicht im Entferntesten so, wie ich es mir vor ziemlich genau einem Jahr bei meinem Auswahlseminar vorgestellt habe.. aber es wird schon wieder.

Eine kleine Alltagsanekdote: Weil die Schlange vor sämtlichen Postfilialen, wie ich schon berichtete, so exorbitant lang ist, dass man dort gut und gerne einen ganzen Nachmittag verbringen kann, hatten wir für diesen Samstag einen schlauen Plan: "früh" morgens um sieben aufstehen, um kurz nach acht bei der Post sein und wenn sie pünktlich um 8:20 Uhr aufmacht sämtliche Weihachtspost im Null Komma nix loswerden.. Jaha, aber die italienische Post funktioniert wohl nach Regeln, die wir noch nicht gut genug kennen...

Drangekommen sind wir zwar nach fixen zwanzig Minuten, aber am Schalter stellte sich heraus, dass sämtliche (auf dem hier gezeigten Foto möglicherweise sichtbaren) Markenzeichen gewisser Onlineversandhändler überklebt werden müssen, weil das Paket sonst nicht verschickt wird... Wie viele solcher Pakete wir bereits aus Deutschland erhalten haben kann ich gar nicht zählen... Aber gut, dann überklebt man besagte Zeichen halt zuhause und steht Montag morgen nochmal früh auf. Soll ja Leute geben, die das jeden Montag machen.

Apropos, das muss ich schon sagen: unsere andauernde Arbeitslosigkeit bringt mich ein wenig auf die Palme. Mir fehlen die Menschen, Gäste wie Personal, die Routine und das befriedigende Gefühl, etwas wirklich Sinnvolles zu tun. Wir wissen, dass es schwierig ist und dass eigentlich alle Hilfe gebraucht wird, aber alles, was wir tun können, ist einzukaufen und das Paar nebenan zu besuchen. Wir halten aus, hoffen, dass es besser wird und warten.

Was gibt es sonst so Neues? Falls ihr euch fragt, wie mein Harry Potter Marathon läuft:  ich bin im ersten Drittel von Teil vier angelangt und bin optimistisch, dass ich bis zum Ende dieses Auslandsjahres alle durchgelesen haben werde.

Ach, und wie ihr vielleicht schon gesehen habt: ich habe eine neue Unterkategorie einegfügt, die "Galerie", eine Art Fotoalbum der letzten Monate - noch bin ich lange nicht aktuell, aber falls ihr mal visuell durch die vergangenen Monate blättern wollt...

Auch wenn es immer noch schwierig ist und man so vieles noch immer auf später vertrösten muss und ich nicht mehr weiß, worauf ich hoffen darf, auf Besserung, auf einen schönen Sommer, auf eine normale Welt.. Vor einem Jahr war alles anders und in einem Jahr wird alles anders sein, das ist das Einzige, worauf ich mich verlassen kann.

Ich denke an euch und vermisse euch und grüße euch ganz warm in diesem kalten Winter. Bis bald!

Kommentar schreiben

Kommentare: 2
  • #1

    Daniela (Mittwoch, 16 Dezember 2020 14:41)

    Liebe Paula, es ist schön deine Worte zu lesen und ein wenig an deinem Abenteuer teilzuhaben.
    Ich bin schon sehr neugierig auf diese selbstgemachte Pasta. Da habe ich mich noch nie so richtig daran gewagt. Aber wo du sicher da bald ein Pasta-Experte bist. Werde ich es mir ganz genau erklären lassen und dann auch mal loslegen.
    Leider werden wir in diesen Zeiten keine Reise nach Florenz vornehmen, daher freue ich mich sehr über deine Fotogalerie um da ein wenig Einblicke über diese schöne Stadt zu erhalten.
    Fühle dich gedrückt von uns allen.
    Liebe Grüße, Daniela

  • #2

    Karlheinz (Montag, 28 Dezember 2020 11:29)

    Na Paula, wie läufts denn mit dem Joggen? Machst du das immer noch fleißig jeden zweiten Tag?
    Das mit dem Überkleben sollten wir hier auch einführen. Dauernd diese A-Päckchen...