Eine Woche voller Abenteuer

Hello again!

Es ist ganz schön absurd, zu sehen, dass das hier mein sechster Blogeintrag wird, dass ich schon über drei Wochen in diesem Land lebe, dass meine erste vollständige Arbeitswoche jetzt hinter mir liegt... Danke, dass ihr immer noch dabei seid, mir Karten, Kommentare, Emails und Textnachrichten schreibt und mir noch viel mehr Freude beim Rekapitulieren und Formulieren der jüngsten Ereignisse macht!

Wahrscheinlich ist es in ein paar Jahren, wenn ich gerade... was auch immer mache, sehr unterhaltsam, auf diese absolut unregelmäßigen Episoden meines Lebens hier zurückzublicken. Ich habe wirklich versucht, mich auf einen Wochentag oder einen Rhythmus festzulegen, damit ich sowas schreiben könnte wie "Schaut jeden zweiten Dienstag vorbei!", aber ich fürchte, in diesem Leben wird das nichts, sorry.

Aber bevor es losgeht: ALLES GUTE ZUM GEBURTSTAG Alina!! Auch wenn wir schon seit einer ganzen Weile keine Sowi Stunden mehr haben, die wir gemeinsam überstehen müssen.. Hab einen wunderbaren Tag und lass dich feiern in dein Leben als Erwachsene!! Du bist so ne coole Socke und hast meine Schultage so oft lustiger und erträglicher gemacht, ich hoffe du weißt das. Für dich ein Bild der Kathedrale Santa Maria del Fiore in Erinnerung an unsere Reli Stunden von der zehn bis zur zwölf.. (Die Verrückte neben mir ist meine Mitbewohnerin Gesa)

Priska und ich waren Einkaufen. Hier eine Impression, während sich die Kassiererin UNENDLICH viel Zeit ließ, um mit der Kundin vor uns irgendetwas ungeheuer Wichtiges zu besprechen.
Priska und ich waren Einkaufen. Hier eine Impression, während sich die Kassiererin UNENDLICH viel Zeit ließ, um mit der Kundin vor uns irgendetwas ungeheuer Wichtiges zu besprechen.

Am Wochenende waren wir drei in der Stadt und zwar in der Van Gogh "Emotion Exhibition". Was das bedeutet, wussten wir am Anfang selber nicht, uns wurde aber bereits an der Kasse erklärt, dass hier keine tatsächlichen Gemälde ausgestellt wurden, sondern auf eine moderne und intensive Art versucht wird, einer/m die Gemälde und das Leben Van Goghs auf eine ganz neue Art und Weise nahe zu bringen.

Wir haben viel über Vincent und seine nahen Bekannten in Künstler(leider nicht _innen)kreisen gelesen und waren schließlich in einem großen Saal, der früher sicher einmal eine Kirche oder etwas Derartiges gewesen sein muss, wo auf alle Wände, Decken, Böden und freie Flächen, Gemälde, Animationen, Fotos und Text projeziert wurde, um uns das Leben und die Zeit, in der Van Gogh lebte, zu präsentieren.

Am Ende kam mein persönliches Highlight. Wir konnten mit einer VR Brille 6 Minuten in Van Goghs "Sternennacht" eintauchen. Für mich, die ich noch nie VR ausprobiert habe, war das etwas ganz Neues auf allen Ebenen und ein umwerfendes Erlebnis. Es war, als würde ich in einer Gondel durch eine Welt aus Pinselstrichen schweben, über die im Mondlicht liegenden Häuser und Felder, an der Kirche vorbei und in den Himmel voller leuchtend gelber Sterne.. davon habe ich natürlich leider keine Fotos, aber es war einfach unglaublich.

Sonntag Abend sind wir spazieren gegangen, unsere Straße immer weiter runter, bis wir zum Fluss kamen. Von da aus führt ein Weg entlang bis in die Innenstadt, den wir in der kalten Herbstluft entlang spaziert sind, bis wir durchgefrohren waren.

Die Gegend in der wir wohnen hat viel mehr zu bieten, als wir bisher wussten. Dienstag Abend haben wir uns mit drei ehemaligen Freiwilligen zum Pizza essen getroffen, die gerade durch Italien reisen bzw. in Bologna arbeiten. Wir waren in einer Pizzeria, die super lecker und nur zehn Minuten zu Fuß von uns weg ist, in einer Straße voller interessanter Läden, die wir noch nie gesehen hatten. Adi, Hanna, Edith, wenn ihr das hier lest, fühlt euch gedrückt, es war SO schön, euch kennenzulernen und eure Geschichten, Empfehlungen und Erfahrungen zu hören!

Am Montag haben Gesa und ich (Priska hatte Spätschicht) unseren ersten (von vielen) Fahrradausflügen unternommen, erst einmal mit dem ambitionierten Ziel, einfach in der Innenstadt zu landen und Leute, Leute, ich kann euch sagen... der italienische Straßenverkehr...

Da ich weiß, dass meine Eltern das hier lesen möchte ich kurz anmerken:  ich hatte zu jedem Zeitpunkt der folgenden Ereignisse einen Fahrradhelm auf- unstylisch, aber ich habe es nicht bereut!

Weil wir ja bei aller Liebe nicht mehr als Kinder durchgehen, haben wir uns entschlossen, den größten Teil der Strecke auf der Straße zu fahren und konnten so den Verkehr - im wahrsten Sinne des Wortes - hautnah miterleben. Wo man sich in Läden, auf Plätzen und in Restaurants oftmals sehr löblich an den Mindestabstand hält, ist das auf den Straßen definitiv nicht der Fall.

Es wird gedrängelt und gehupt, beschleunigt und überholt - wo immer es gerade passend scheint. Rote Ampeln sind gleichzusetzen mit Serviervorschlägen auf Käsepackungen - ganz nett anzusehen, aber am Ende doch nicht mehr als ein Vorschlag. Abbiegen und Überholen mit Blinken wäre ja langweilig. Dann wüssten ja alle schon, was man als nächstes vorhat!

Aber selbstverständlich gilt die italienische Straßenverkehrsordnung für alle. Außer für Motorräder. Und Leute, die es eilig haben.

 

Nach diesem Jahr werde ich ohne mit der Wimper zu zucken durch deutsche Großstädte fahren können, ganz entspannt, weil ich das hier gelernt habe. Auch wenn man sich zwischen einem riesigen Bus und einem drängelnden Motorroller befindet, bewahrt man Ruhe. Auch wenn frau sich hinter der nächsten Biegung plötzlich auf einer dreispurigen Schnellstraße, wohlgemerkt auf der mittleren Spur, befindet, bewahrt frau Ruhe. So viele Dinge, die ich hier lernen kann, wo ich früher einmal sogar den zehnminütigen Weg zum Bioladen gruselig fand...

Hier seht ihr ganz klein eine Paula auf dem Fahrrad vor der besagten dreispurigen Straße, von der sie sich gerade erfolgreich heruntergerettet hat...
Hier seht ihr ganz klein eine Paula auf dem Fahrrad vor der besagten dreispurigen Straße, von der sie sich gerade erfolgreich heruntergerettet hat...

Eine lustige Anekdote aus dem Altenzentrum: Ich muss ja gestehen, dass ich von Anfang an SEHR beeindruckt vom Essen dort war. Zu jedem Mittagessen gibt es drei Gänge, Hauptspeise, Salat oder schicke Beilagen und süßes Dessert, beim Abendessen das gleiche! Ich hatte mich schon richtig darauf gefreut, ab Oktober auch mit essen zu dürfen, obwohl ich vor meiner Ausreise tierische Angst vor "einem Jahr nur Altenheimsessen" hatte. Im Vergleich zu allem, was ich aus meiner Erfahrung in deutschen Einrichtungen mit Essensversorgung gemacht habe, ist das Essen dort mehr als genießbar, ich würde es jederzeit mit einem Handkuss annehmen. Aber scheinbar sehen die Gäste das anders. Ich hätte Essen nicht für ein derart emotionales Thema gehalten..

Montag haben sich alle Gäste aus meiner Gruppe mit dem Personal zusammengesetzt, um den Menuplan zu diskutieren. Was jetzt folgt sind ein paar frei übersetzte Mitschnitte (von entzückenden älteren Herrschaften, die sich normalerweise strahlend bedanken, wenn man ihnen ein Glas Wasser reicht):

 

"Es ist eine MISERE! Bohnen, immer nur Bohnen. Das ist für diesen Monat DREI MAL eingeplant! Die denken wohl, sie können uns alles vorsetzen!"

"Wenn sie wenigstens irgendetwas in die Tomatensoße packen würden! Oregano, Basilikum, aber nein, sie machen gar nichts!"

"Nein, das stimmt, über die Focaccia kann man sich nicht beschwerern. Sie ist schon ein bisschen trocken, ja, aber insgesamt kriegen sie das ganz gut hin."

"Doch, ich esse Fisch, aber DIESER Fisch ist einfach nicht essbar!"

"Tortellini, Tortellini, ich höre immer nur Tortellini. Können die denn nichts anderes? Haben die noch nichts von Tagliatelle gehört?"

 

Also ich persönlich finde das Essen ungeheuerlich gut und werde beim Essen austeilen immer ganz neidisch, aber scheinbar gelten hier andere Standarts...

Und das ist er, unser Arbeitsplatz für die nächsten elf Monate.
Und das ist er, unser Arbeitsplatz für die nächsten elf Monate.

Es ist sicher nicht immer einfach; in der letzten Woche hatte ich so viele Hochs und Tiefs wie zuletzt während der Vorabiklausuren... :D aber im Allgemeinen bin ich gut dort angekommen. Es ist ein Knochenjob und nach den Schichten sind wir alle erst mal total im Eimer, aber ich weiß, dass das besser wird.

Auch das sinnlos Herumstehen, weil man die Routinen noch nicht kennt oder das verwirrt Herumstehen, weil man die Anweisung nicht verstanden hat, wird sicher immer besser.

Man schließt die Menschen schnell ins Herz und freut sich über jedes Lächeln, das man hervorrufen und jede Hilfe, die man sein kann. Jeden Tag kann ich einen neuen Fortschritt feststellen, einen Satz, den ich gestern noch nicht verstanden habe oder einen Ablauf, den ich jetzt so gut kenne, dass ich eine echte Hilfe bin und nicht nur ein zusätzlicher Aufwand.

 

Ich hatte mir wirklich Sorgen gemacht, dass wegen Corona einfach gar nichts los sein wird, nichts interessantes oder aufregendes passieren wird, aber wenn ich so auf die letzte Woche zurückgucke, bin ich verdammt froh, dass ich gerade hier bin.

Und jetzt ein schönes Wochenende euch! Machts gut, lasst von euch hören und bis bald!

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Kommentare: 6
  • #1

    Kiki (Samstag, 03 Oktober 2020 14:24)

    Hallo Paula,

    ich habe es endlich auch in Deinen Blog geschafft.

    Schön, dass es dir gut geht, geniess das Jahr und schreib weiter so. Es macht Spaß auf diese Weise mitzubekommen wie es dir ergeht.

    Viele liebe Grüße aus der verregneten Eifel,
    Kiki

  • #2

    Karlheinz (Samstag, 03 Oktober 2020 16:54)

    Werbevertrag mit Ferrero, jetzt verstehe ich auch, wie du dir so ne Luxuswohnung leisten kannst.
    Leckere Pizzeria: Knusper, knusper, knäuschen...
    Du hast dein Haargummi verloren!
    Und J. fährt Mi nach W. Yeah! Das nächste Abenteuer.
    Weiterhin viel Spaß.

  • #3

    Svenja (Sonntag, 04 Oktober 2020 20:47)

    Liebe Paula,

    schön zu sehen, dass ihr einen ganz ausgezeichneten Geschmack für Brotaufstriche habt, sehr gute Wahl! :D

    Ich hatte bei Van-Gogh-Ausstellung auch als Erstes an Gemälde gedacht und bin gerade völlig fasziniert davon, was es dann stattdessen war. Vor allem deine Beschreibung der „Sternennacht“ klingt wunderwunderschön :-) Richte den Veranstalter_innen (haha) doch bitte mal aus, dass diese Ausstellung auch super nach Köln passen würde!

    Cari saluti (ja, ganz frisch von Google)
    Svenja

  • #4

    Alina :) (Montag, 05 Oktober 2020 17:47)

    Hey Pauliii,
    Wie süß das du mir auch in deinem Blog gratulierst <3
    Und auch ich wünsche dir alles gute zum Geburtstag und hoffe das du dort auch ein bisschen feiern und mit einem leckeren Vino anstoßen kannst.
    Pass bitte in dem grausamen Straßenverkehr auf dich auf und guck nicht nur nach vorne sondern auch auf das was um dich herum passiert. Nicht das die dich wie Bandnudeln von der Straße oder Auto kratzen müssen �

    Du rockst das schon!
    Deine Alina <3

  • #5

    Kicker, Lord of Glencoe (Montag, 05 Oktober 2020 18:01)

    Es ist wieder soweit, es wird einer dieser elendig langen Kommentare folgen, weil der Typ der die schreibt zu blöd ist sich kurz zu fassen. Da müssen wir jetzt beide durch.

    Was soll ich sagen, italienische Verkehrsregeln mit einem Serviervorschlag gleichzusetzen finde ich äußerst witzig. Und passend. Das ist so ein Südeuropa Ding. Auch der frei übersetzte Mitschnitt des Gespräches über das Essen, herrlich. Aus irgendeinem Grund haben die in meinem Kopf nicht italienisch, sondern schwäbisch gschwätzt. Maultäschle, i hör immer nur Maultäschle. Südlicher als Baden-Württemberg geht mein Hirn was Akzente und Dialekte angeht offenbar nicht. Aber es freut das Herz, dass du dich gut eingelebt hast, einlebst, eingelebt gehabt haben wirst. Oder welche grammatikalische Unform an Zeit da auch immer passt. Schließen möchte ich mit meinen italienisch Kenntnissen, welche ich aus Family Guy mitgenommen habe: babedi bubedi. Budedi babedi. Oder wie ein, so vermute ich, italienisches Sprichwort sagt: Wer einem Wal seine Kuchengabel leiht, der tanzt auch ohne Schnäuzer.

    In dem Sinne, hält die Ohren steif und die Pizza knusprig.

    Grüße aus dem verregneten Burscheid
    Kicker

  • #6

    Opu (Dienstag, 06 Oktober 2020 18:42)

    Herzlichen Glückwunsch zum 18.Cumpleanos.
    Unsere besten Wünsche fürs kommende Italienabenteuer.
    Halt Dich tapfer!!!